Für Alkoholprävention mit Augenmass
Der Bundesrat hat 2005 das Bundesamt für Gesundheit (BAG) mit der Überprüfung der Schweizer Alkoholpolitik betraut. In einem sorgfältigen Prozess hat das BAG in Zusammenarbeit mit den Kantonen, den betroffenen Verbänden und Bundesämtern die strategischen Leitlinien einer angemessenen Alkoholpolitik erarbeitet. «Wer alkoholische Getränke trinkt, tut dies ohne sich selber und anderen Schaden zuzufügen», heisst die zentrale Maxime des NPA – und unterstreicht damit, dass es keineswegs das Ziel ist, den Bürgerinnen und Bürgern den Alkoholkonsumzu vergällen.
Der Bundesrat hat nun an seiner heutigen Sitzung das NPA verabschiedet. Er hat damit dem massiven Widerstand der Wirtschaftsverbände getrotzt, die sich als «Komitee der Wirtschaft für eine sinnvolle Alkoholpolitik» formiert (und am 29. Mai 2008 in «Allianz der Wirtschaft für eine massvolle Präventionspolitik» umbenannt) haben. Der Fachverband Sucht ist erfreut über die Entscheidung des Bundesrats und erleichtert, dass der Bundesrat dem konzertierten Lobbying der Alkoholindustrie stand gehalten hat. Im Gegensatz zu den polemischen Aussagen der Wirtschaftsallianz ist das NPA aus Sicht der Suchtfachleute ein Programm mit Augenmass, das sich nüchtern und ideologiefrei auf eine «evidence-based policy» stützt und zu Recht anerkennt, dass die grosse Mehrheit der Bevölkerung einen massvollen Umgang mit Alkohol pflegt. Das NPA ist aus Präventionssicht denn auch kein «grosser Wurf». Es hält in Übereinstimmung mit den Erkenntnissen der Wissenschaft und den internationalen Erfahrungen bloss fest, dass eine angemessene Alkoholprävention im Dienst eines massvollen, risikoarmen Umgangs mit Alkohol sowohl auf individuelle zielgruppen-spezifische wie auch auf strukturelle Massnahmen setzen muss.
Der Bundesrat trägt mit der Verabschiedung des NPA der Tatsache Rechnung, dass Alkohol kein gewöhnliches Konsumgut, sondern eine Substanz mit hohem Genuss-, Abhängigkeits- und gesundheitlichem Schädigungspotenzial ist:
- Jede/r Schweizer/in konsumiert jährlich 8.6 Liter reinen Alkohol. Damit ist die Schweiz ein Hochkonsumland im Vergleich zu anderen europäischen Staaten wie Finnland (7.9), Polen (6.7) oder Schweden (4.9). 11 Prozent der Bevölkerung trinken dabei die Hälfte der gesamten Alkoholmenge!
- Die Konsummuster werden immer problematischer. In der Schweiz werden beispielsweise jeden Tag drei bis vier Jugendliche wegen Alkoholvergiftung oder Alkoholabhängigkeit im Spital behandelt.
- Eine Million Schweizer und Schweizerinnen haben ein Alkoholkonsummuster, das geeignet ist, ihre Gesundheit zu schädigen.
- Die volkswirtschaftlichen Folgekosten des Alkoholmissbrauchs werden auf 6.5 Milliarden Schweizer Franken jährlich beziffert. Gleichzeitig setzt die Alkoholindustrie jährlich 8 Milliarden Franken um.