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Welche Prävention ist die beste?

In seinem Referat am dritten Tag der Sommerakademie stellte der Kriminologe Dr. Denis Ribeaud vom Institut für Erziehungswissenschaft der Universität Zürich ein spannendes Projekt vor, das sich mit Gewaltprävention bei Kindern und Jugendlichen befasst.

Die Kriminalstatistik der Stadt Zürich zeigte es deutlich: Die Jugendgewalt innerhalb der Stadt hatte in den frühen 1990er Jahren zugenommen, vor allem in einzelnen Quartieren. Die beunruhigenden Zahlen gaben den Anlass für das „Züricher Projekt zur sozialen Entwicklung von Kindern (z-proso)“. Denis Ribeaud, wissenschaftlicher Projektkoordinator, erhielt zusammen mit seinem Team vom Schul- und Sportdepartement der Stadt Zürich den Auftrag, die aktuelle Lage bezüglich Jugendgewalt zu analysieren, bestehende Gewaltpräventionsprogramme zu evaluieren und schliesslich Empfehlungen für künftige Massnahmen zu erarbeiten. Das Projekt z-proso setzte dabei auf die Methode der evidenzbasierten Prävention, welche davon ausgeht, dass Gewaltprävention umso erfolgreicher ist, je mehr sie die Erkenntnisse der Grundlagenforschung zu den Ursachen von Jugendgewalt berücksichtigt und den aktuellen Wissensstand zur Wirksamkeit von Prävention mit einbezieht.

 

Evaluation und Entwicklungsstudie zugleich

Der Ansatz von z-proso ist jener der universellen Frühprävention, die den Vorteil hat, dass sie eine grosse Breitenwirkung erzielt und niemanden stigmatisiert. Zugleich zeigte Ribeaud in seinem Referat, dass universelle Frühprävention auch mit enormem Aufwand verbunden ist: Die Zielgruppe der z-proso Studie waren alle Schülerinnen und Schüler, die 2004 in eine erste Klasse einer öffentlichen Schule in Zürich eingetreten sind. Insgesamt waren dies 2500 Kinder, 1300 von ihnen machten tatsächlich bei der Studie mit. Sie stammten aus über achtzig verschiedenen Herkunftsländern und wurden über mehrere Jahre hinweg begleitet. Das Projekt dauerte bis 2010 und verfolgte zwei Hauptziele: Zum einen die Evaluation der Präventionsprogramme „Triple P“ (Ein Programm zur Förderung elterlicher Erziehungskompetenzen) und „PFADe“ (Ein Programm zur Verbesserung von sozialen Kompetenzen von Schulkindern). Zum anderen war z-proso eine Entwicklungsstudie, in welcher biografische Verläufe von gewalttätigen Jugendlichen analysiert wurden. Durch diese zwei Schwerpunkte wollte z-proso die Frage beantworten, wie wirksam universelle Frühprävention von Gewalt ist. Während sich PFADe als teilweise sinnvolles und wirksames Programm herausstellte, konnte beim Einsatz von Triple P kein statistisch signifikanter Präventions-Effekt festgestellt werden. Im Anschluss an sein Referat wollte Infoklick.ch von Ribeaud unter anderem wissen, welche Auswirkungen diese Erkenntnisse aus der z-proso Studie nun auf den Umgang mit Gewaltprävention in der Stadt Zürich haben.

 

Interview

Dr. Ribeaud, was macht universelle Frühprävention von Gewalt politisch so attraktiv?

Die Idee, ein Problem anzupacken, bevor es sich manifestiert, leuchtet jedermann ein, und lässt sich entsprechend gut politisch vermitteln. Zudem stigmatisiert universelle Prävention im Gegensatz zu gezielteren Massnahmen niemanden: es werden alle gleich einbezogen. Das erhöht auch die Akzeptanz in der Gesamtbevölkerung.

 

Sie haben für die z-proso Studie zwei verschiedene Programme zur Gewaltprävention untersucht, wobei sich eines davon, Triple P, als relativ wirkungslos herausstellte. Was sind Ihrer Meinung nach die Merkmale eines gelungenen Präventionsprogramms gegen Jugendgewalt?

Vom Konzept her muss ein solches Programm erstens einen oder mehrere Faktoren beeinflussen können, von denen wir aus der Grundlagenforschung wissen, dass sie ursächlich mit Gewaltverhalten zusammenhängen. Zweitens müssen die anvisierten Risikofaktoren tatsächlich beeinflussbar sein. Beim Risikofaktor Geschlecht ist das zum Beispiel schwierig. Drittens muss in der Zielpopulation der anvisierte Risikofaktor relativ stark verbreitet sein. Auf einer eher praktischen Ebene muss das Programm von der Zielpopulation akzeptiert und im Idealfall sogar als attraktiv empfunden werden: Eine Pille mit Pfefferminzgeschmack wird viel eher eingenommen als eine, die bitter schmeckt. Schliesslich ist die qualitativ gute Umsetzung des Programms wichtig: Es soll gemäss den Vorgaben des Entwickler vermittelt werden (Programmtreue) und es muss in genügender Intensität (Dosis) engagiert und professionell von gut ausgebildeten, motivierten und ihrerseits gut betreuten Fachpersonen vermittelt werden.

 

Welche konkreten Folgen hat die z-proso Studie für die Stadt Zürich?

Da PFADe einige erfreuliche Ergebnisse hervorgebracht hat und das Programm bei der grossen Mehrheit der Lehrpersonen sehr gut angekommen ist, steht PFADe heute interessierten Lehrpersonen der Unterstufe zur Verfügung. Im Gegensatz zur Versuchsphase wird es aber nur freiwillig eingesetzt. Ich kenne die genauen Zahlen zwar nicht, aber PFADe wird heute an Zürcher Primarschulen rege benutzt. Zudem wurden wir auch schon vom Integrationsbeauftragten der Stadt Zürich für spezifische Auswertungen zu den verschiedenen ethnischen Minderheiten angefragt. Wir sind eine der ganz wenigen Studien, die verlässliche Zahlen zur Alltagssituation in zugewanderten Familien liefern kann.

 

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