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„Wir möchten auch ganz bewusst selbst etwas umsetzen“

Muriel Langenberger ist Co-Head of Intervention bei der Jacobs Foundation. Sie betreut verschiedene Förderprogramme der Jacobs Foundation in Europa, unter anderem Bildungslandschaften.ch, „Primokiz – frühe Förderung lokal vernetzt“ und Qualikita in der Schweiz. Mit Infoklick.ch spricht sie über die neuste Juvenir-Studie und welche Innovationen der Jacobs Foundation sie besonders begeistern.

Interview: Lena Tichy, Fotos: Daniel Barnbeck

Infoklick.ch: Frau Langenberger, warum braucht es die Juvenir-Studie?
Muriel Langenberger: Das Ziel dieser Studie ist, dass die Jugendlichen in der Schweiz eine Stimme bekommen. Wir wollten nicht nur eine Studie über, sondern vor allem eine Studie mit Jugendlichen machen. Ich glaube das ist uns mit Juvenir gelungen: Die Jugendlichen wählen selbst,, welche Themen sie in der Studie behandeln möchten oder schlagen neue Themen vor, und sie vertiefen das Thema, als Basis für die Konkretisierung der Fragen. Unser übergeordnetes Ziel mit Juvenir ist natürlich auch, zu zeigen, dass die Jugend in der Schweiz äusserst kompetent und engagiert ist. Das konnten wir bereits vor drei Jahren mit der ersten Juvenir-Studie zum Thema „Jugendliche im öffentlichen Raum“ zeigen, und das zeigt sich auch 2014.

Dieses Jahr geht es ja ums Geld – ein Thema, welches von den Jugendlichen selbst gewählt wurde. Hat es sie überrascht, dass junge Menschen über dieses doch eher schwierige Thema sprechen möchten?
Wir haben vorgängig ja einiges an Recherche betrieben, um herauszufinden, welche Themen wir den Jugendlichen vorschlagen können und Geld war eines davon. Was uns interessiert hat, und was wir jetzt spannend finden in der Auswertung der Studie, ist die Frage, wie Jugendliche mit ihrem eigenen Budget umgehen. Es freut uns zudem sehr zu lesen, dass zum Beispiel Verschuldung für Schweizer Jugendliche kaum ein Thema ist.

Die Studie hat auch gezeigt, dass gut ein Viertel aller Jugendlichen lieber Geld für Freizeitaktivitäten mit Freundinnen und Freunden ausgibt, statt sich teure Markenkleider zu kaufen. Hat hier ein Wertewandel stattgefunden?
Das würde ich so nicht sagen. Ich glaube, es gibt immer noch soziale Kreise, wo teure Markenkleider sehr wichtig sind, damit man in einer Gruppe akzeptiert wird. Genau aus diesem Grund haben wir bei Juvenir ganz verschiedene Jugendliche befragt, aus allen Teilen der Schweiz. Und dort zeigt sich halt, dass über die Bevölkerung als Ganzes –die Studie ist ja repräsentativ –  dieses Statusdenken keine so grosse Rolle spielt. Das ist doch positiv.

Stichwort positiv: In der Studie haben drei Viertel aller Befragten Jugendlichen gesagt, dass sie nachhaltigen Konsum für sinnvoll und wichtig halten. Die Studie hat jedoch auch gezeigt, dass im Moment nur gerade jeder sechste Jugendliche in der Schweiz konsequent fair hergestellte Produkte kauft. Warum diese Diskrepanz?
Ja, das finde ich ein sehr spannendes Ergebnis und ich würde sehr gerne untersuchen, was das genau bedeutet. Ein Punkt ist sicher, dass es in der Schweiz im Moment noch kein allzu grosses Angebot für faire und bezahlbare Mode gibt. Fairer und nachhaltiger Konsum ist für Jugendliche also nach wie vor mit einem ziemlichen Mehraufwand verbunden, und ich könnte mir vorstellen, dass dies für Viele noch eine Hürde darstellt. Aber ich sehe die Zahlen auch in einem sehr positiven Licht: Es ist doch eigentlich fantastisch, dass ein so grosser Teil der Schweizer Jugend über dieses Bewusstsein für nachhaltigen Konsum verfügt. Die Umsetzung dieses Gedankens wird, da bin ich überzeugt, in den nächsten Jahren folgen. Und bis dahin können ja auch wir Erwachsenen uns einmal fragen: Warum konsumieren wir selbst nicht nachhaltiger, obwohl wir eigentlich so viel über dieses Thema wissen?

Wenn wir einen Blick in die Zukunft werfen - was, glauben sie, werden die grossen Themen im Bereich Jugend in den nächsten zehn Jahren sein?
Oh, das ist natürlich eine grosse Frage. Ich bin überzeugt, dass Selbstkompetenz, und formelle sowie informelle Bildung eine essentielle Rolle spielen werden. Sie bilden auch die Basis für weitere Themen, die ebenfalls wichtiger werden könnten: Einerseits die Partizipation von Jugendlichen in der Politik, und andererseits der Umgang mit Internetkonsum und Sozialen Netzwerken. Ich denke, diese beiden Sachen werden uns auch in Zukunft stark beschäftigen.

Die Jacobs Foundation ist ja nicht nur eine Stiftung im klassischen Sinn, sie setzt eben auch selbst Programme zur Förderung von Kindern und Jugendlichen um und versteht sich als „Innovationsmotor“. Haben Sie persönlich ein Projekt, das Sie besonders begeistert?
Das gibt es eigentlich ganz Viel, was ich toll finde. Und grundsätzlich glaube ich, dass die Stärke von Jacobs eben darin liegt, dass wir als „Facilitator“ agieren können und die Möglichkeit haben, uns mit anderen Stakeholdern, darunter Sitftungen, zu vernetzen wenn dies sinnvoll ist. Wir verstehen uns mittlerweile nicht mehr als klassische Stiftung die „nur“ Geldgeberin ist, sondern wir möchten eben auch ganz bewusst selbst etwas umsetzen. Wir haben im Moment zwei Schwerpunkte: Einerseits Frühförderung, wo wir schauen, was kleinen Kindern wirklich hilft, um in ihrer Familie und ihrer Gemeinde zu gedeihen. Und andererseits untersuchen wir Bildungsbiografien von Jugendlichen und setzen uns dafür ein, dass diese Biografien lückenloser werden, und weniger Jugendliche nach einem Abschluss orientierungslos werden. Gerade bei der Frühförderung konnte die Jacobs Foundation wirklich dafür sorgen, dass auch politiknahe Entscheider auf dieses Thema aufmerksam wurden. Es gibt jetzt ein  Bewusstsein dafür, wie wichtig es ist, Kinder bereits in jungen Jahren zu unterstützen wo nötig, und vor allem auch Eltern zu helfen, ihre Erziehungskompetenzen zu stärken. Diese Investition zahlt sich langfristig enorm aus. Deshalb ist es uns auch so ein grosses Anliegen, dass wir hier  eine Adovcacy-Strategie angehen können.

 

Das Interview führte Lena Tichy.

Muriel Langenberger: „Statusdenken spielt bei Jugendlichen keine so grosse Rolle mehr“

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