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"Verstehen heisst nicht einfach akzeptieren"

1968 – Das Jahr, das weltweit für Aufbruch, Revolution und Veränderung steht, hat eine Generation geprägt. Und wirkt bis heute nach. Ueli Mäder beendet den Dienstag auf der Sommerakademie mit Geschichten einer Jugendbewegung und Beobachtungen der gegenwärtigen Situation.

Der Sommerregen hat seit zwanzig Minuten aufgehört, im Landhaus reihen sich trocknende Körper mit vollen Köpfen aneinander, die Bierbänke knarzen unter ihnen. Man könnte sich vorstellen, man sei bei einer Versammlung in einer Kommune. Wobei es damals vermutlich nicht so lange so ruhig zugegangen ist, wenn einer redete. 

 

Ueli Mäder erzählt von 1968. Von Vietnam, Paris, der rebellierenden Jugend - auch in der Schweiz. Gegen das Schweigen der Elterngeneration, gegen autoritäre Strukturen, gegen den Dienst an der Waffe. Mittendrin er selbst, damals 17 Jahre alt. 

 

Weil er den Kriegsdienst verweigerte, landete er im Gefängnis. Und bekam prompt eine Verlängerung der Haftstrafe, weil er lautstark gegen Schläge protestierte. Wie er die Zeit dort wahrgenommen habe, will Dominik Lüdi wissen. "Ich wusste, ich kann nach ein paar Monaten wieder raus, von daher war das eine interessante soziologische Erfahrung". 

 

"Wir alle heute sind Kinder der Zeit" 

 

Reflektiert blickt Mäder auf seine Vergangenheit zurück. Von den Errungenschaften, die seine Generation erkämpft hat, profitieren wir heute in vielerlei Hinsicht: Gewaltfreie Schulen, Frauenrechte und Freiheit, sind nur einige Beispiele. 

 

Doch so frei, wie man sich die Kommunen vorstellt, waren sie nicht unbedingt: Für Mäder und seine Mitstreiter ging es um schwarz oder weiss, wer nicht für die Bewegung war, war gegen sie. Daraus resultierten neue Regeln, wie beispielsweise die "Sex und hopp Mentalität" – wer ihr nicht folgte, wurde in die Zange genommen. 

 

"Die Zwänge von denen wir uns befreien wollten, haben wir ein Stück weit reproduziert". Regelfreiheit gehörte zu den Regeln. Heute sagt ihm seine Tochter, sie hätte sich mehr Klarheit von ihm gewünscht.  

 

Zuhören, Verstehen und Auseinandersetzen 

 

Weg also von zu viel individueller Freiheit, für Jugendliche? Wir leben in einem Teil der Welt, in dem Meinungsvielfalt herrscht. Zwischen vielen demokratischen Stimmen erfahren aber auch neopopulistische Bewegungen Aufwind. Und das verunsichert.  

 

Um dem entgegenzuwirken, sollten wir viel öfter zuhören, statt zu kritisieren, sagt Mäder. Und damit dem Gegenüber die Chance geben, nachzudenken. "Indem wir uns näherkommen, realisieren wir auch, wo die Differenzen sind". Wir sollten versuchen, zu verstehen und uns ernsthaft auseinanderzusetzen.  

 

"Seid ehrlich gegenüber den eigenen Zwiespälten" 

 

Dank der 68er Generation gibt es das Feindbild des autoritären Staates in dieser Form nicht mehr. Pluralismus statt Schwarz-Weiss-Denken. Das birgt einerseits Potential, Offenheit und kein starres Festhalten an Haltungen. Andererseits aber auch die Gefahr von Beliebigkeit. Da sollten wir uns an die eigene Nase fassen.

 

Eine kurze Frage ins Publikum zeigt: Wir kaufen regionale und ökologische Produkte, um umweltbewusst zu leben, reisen aber dennoch mit dem Flugzeug in den Urlaub. Reflektieren wir das in manchen Momenten?   Es könnte noch lange so weitergehen. Dem Publikum gibt er mit auf den Weg: Seid ehrlich gegenüber den eigenen Zwiespälten, die uns alle prägen.

 

Frenetischer Applaus.

 

Man hört ihm aber auch einfach gern zu, diesem Ueli Mäder.  

 

Text: Hannah Rex

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