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Die zweite Generation stürmt den Gipfel

Ob junge Menschen mit Migrationshintergrund in der Schule und im Beruf eher zu den Verlieren oder den Gewinnern gehören, ist keineswegs so klar, wie stets behauptet wird. Der Migrationsforscher Prof. Dr. Gianni D’Amato von der Universität Neuenburg plädierte in seinem Referat für eine differenziertere Sicht auf junge Menschen der sogenannten zweiten Generation.

Wer einen Gipfel erklimme, komme in immer dünnere Luft, dafür sei die Aussicht umso schöner. Laut Gianni D’Amato bekomme diese Metapher im Hinblick auf Kinder mit Migrationshintergrund einen schalen Nachgeschmack. „Die Stürmung der Gipfel scheint für sie nicht vorgesehen zu sein und die Luft kann für sie schnell zu dünn werden“, sagte D’Amato in der Eröffnung seines Referats mit dem Titel „Je höher der Gipfel, desto dünner die Luft?“. Obwohl Bildung als Grundrecht gelte und alle Menschen über den gleichen Zugang verfügen sollten, hänge die Qualität der Bildung noch immer sehr stark vom Beruf der Eltern und dem Wohnort ab, erklärte D’Amato. Oder anders gesagt: „Die Bildungsaustattung der Eltern ist nach wie vor der beste Indikator für die Bildung der Kinder.“

Gerade wenn Migrantenkinder den Wunsch hätten, eine höhere Ausbildung als ihre Eltern abzuschliessen, mache man es ihnen nicht leicht. Oft bemühe man dann das Scheinargument, das auch ein früherer Lehrer von D’Amato benutzte, als er sagte: „Ein guter Handwerker ist besser als ein schlechter Akademiker.“ Diese Äusserung sei natürlich nicht ganz unwahr, doch es schwinge darin eben auch die Sorge mit, dass es Menschen geben könnte, die mehr erreichen wollen, als ihnen angeblich zustehe, so D’Amato. Diesem Verdacht seien Migrantenfamilien stets ausgesetzt, von ihnen werde erwartet, dass sie sich in die gesellschaftliche Ordnung einfügen und warten, bis sie an der Reihe sind.

 

Migrantenkinder sind „high performers“

Nicht alle Kinder von Migrantenfamilien seien bereit, dieser Erwartung zu entsprechen, betonte D’Amato in seinem Referat. „Bis in die 90er Jahre waren Migrantenkinder in Sonderschulen und Realschulen übervertreten und oft wurde als Begründung für diesen Sachverhalt auf ethnische Faktoren verwiesen oder man behauptete, dass Migranten und Migrantinnen sich einfach schlechter im helvetischen Schulssystem zurechtfinden. Heute weiss man, dass die Bildungsaspirationen bei Migrantenfamilien, entgegen der öffentlichen Meinung, sehr hoch sind.“ D’Amato zitierte eine Studie zu Kindern der zweiten Generation, in der gezeigt werden konnte, dass Secondo-Kinder die Bildungsaspirationen ihrer Eltern zum Teil übertreffen. Verglichen mit ihren Schweizer Altersgenossen gehören einige dieser Kinder sogar zu den sogenannten „high performers“ und erzielten aussergewöhnliche Leistungen.

 

Die Herkunft ist nicht entscheidend

Doch dies sei nur die halbe Wahrheit, hielt D’Amato fest. Er wies darauf hin, dass die Volkszählung im Jahr 2000 ein differenzierteres Bild dieser zweiten Generation zeichnete. Zwar konnte bestätigt werden, dass Kinder mit Migrationshintergrund zum Teil hohe Bildungsabschlüsse erreichen, gleichzeitig gebe es aber auch viele, die ihren sozialen Status nicht verbessern können oder an ihren eigenen hohen Erwartungen scheitern. Für D’Amato zeigten diese Erkenntnisse vor allem Eines: „Die sogenannte zweite Generation gibt es nicht, all diese jungen Menschen haben sehr unterschiedliche Lebensläufe.“ Der Migrationsforscher brachte es am Ende seines Referats folgendermassen auf den Punkt: „Die Herkunft allein ist nicht entscheidend, wenn es um Bildung geht.“

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