Information | Förderung | Politik

>> AKTUELL>> SERVICE>> ÜBER UNS>> FÖRDERN HELFEN!
Sommerakademie > Sommerakademie 2013 > Berichterstattung > 

Jugendliche als Sicherheitsrisiko

Professor Marcel Niggli: „Die Hälfte aller Schweizer Strafgesetze könnte man willkürlich streichen!“

Niggli spricht sich in seinem Referat für weniger Gesetze aus. Selbst er als Jurist würde mit einer Änderung pro Monat im Schweizer Strafrecht den Überblick verlieren. Der Dozent an der Uni Freiburg plädiert dafür für mehr Jugendarbeit.

„You never know what is enough, until you know what is more than enough.“ Mit diesen Worten von William Blake hat Professor Marcel Niggli der Universität Freiburg sein Referat eröffnet. Er plädierte in seinem Vortrag „Jugendliche als Sicherheitsrisiko“ dafür, nicht zu versuchen, die Gesellschaft durch die immer stärkere Ausweitung des Strafrechts zu regulieren.

Strafen verkommen in der Schweiz zum täglich Brot
Jugendliche brauchen zwar Grenzen, aber nicht, um diese einzuhalten, sondern, um sie zu überschreiten, sich an ihnen zu messen und daran zu wachsen. Strafen würden nur dann Sinn machen, wenn sie als etwas Besonderes oder Schlimmes angesehen werden. Die Gefahr, dass Strafen durch diese Unmengen an neuen Gesetzten zu etwas alltäglich Normalem verkommen – und somit ihren eigentlichen Sinn verlieren – sei gross.


Verurteilung Jugendlicher wegen zu vielen Gesetzen angestiegen

In den letzten 20 Jahren sind Verurteilungen von Jugendlichen stark angestiegen. Marcel Niggli schliesst daraus aber nicht, dass die jungen Menschen von heute schichtweg krimineller sind als diejenigen von früher – im Gegenteil. Viel mehr sind diese Zahlen darauf zurückzuführen, dass heute grössere Einschränkungen bestehen und immer mehr Verhaltensweisen zu einem Urteil führen können als früher.

Wie Marcel Niggli erklärte, ist es falsch, zu denken, dass das Strafrecht zu mehr Sicherheit führen würde. Was die Gesellschaft nicht will, wird (im Allgemeinen) auch nicht gemacht. Wird etwas verboten – wie z. B. das Spucken im öffentlichen Raum oder das Konsumieren von Cannabis, führt das nicht dazu, dass die Straftat weniger oft begangen wird. Dies sei eine Utopie und werde von der Politik (ob wohlwissend oder nicht) zu ihren Zwecken missbraucht.

 

Umgang anstatt Umgehen

Vollkommene Sicherheit in einem Staat sei möglich, allerdings nur durch stark einschränkende Massnahmen: Wäre es verboten, am Freitag Abend in die Stadt zu gehen, bestünde auch kein Risiko von Schlägereien oder Vergewaltigungen. Aber das Umgehen von solchen Risikosituationen sei der falsche Weg. Vielmehr sollte man laut Niggli den Umgang mit „Sicherheitslücken“ erlernen.

In der anschliessenden Diskussion wurde noch einmal vertieft über die Überregulierung von Strafen und deren Probleme diskutiert. Für Niggli könnte man willkürlich die Hälfte aller Strafgesetze streichen, ohne dass eine Explosion an Straftaten (von Jugendlichen) stattfinden würde: Mehr Strafen bedeute nicht mehr Sicherheit. Die Forderung nach mehr Strafen und dadurch mehr Sicherheit der Bevölkerung sei zwar verständlich aber eine Utopie. Vielmehr würde er diese Unmengen an verursachenden Kosten durch Repressionen in die Prävention und soziale Arbeit mit Jugendlichen stecken.

Wir müssen uns die Frage stellen, wie viel Sicherheit unsere Gesellschaft will und was sie bereit ist, dafür zu bezahlen.

Die Powerpoint-Präsentation zum Download (als PDF)

Unser Newsletter bietet jeden Monat News und aktuelle Infos zu Projekten und Partnern.

Werden Sie Mitglied bei infoklick.ch und fördern Sie ganz gezielt die Partizipation von Jugendlichen. Zudem profitieren auch Sie von Vorteilen. Z.B. erhalten Sie 10 Prozent Rabatt bei der Teilnahme an unserer Sommerakademie. Hier geht's zur Anmeldung