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Spannender Start in Tag Zwei: Positive Psychologie

Prof. Dr. Willibald Ruch, Gründer der Swiss Positive Psychology Association (swippa) und Herausgeber des "Journal of Happines", spricht am Dienstagmorgen über "Tugend, Humor und Charakter in der Positiven Psychologie".
Text: Miriam Stepper, Fotos: Daniel Barnbeck

Gleich zu Beginn erklärt Willibald Ruch das Ziel seiner Forschungsarbeit: Er will die Positive Psychologie als Richtungsänderung und gewichtige Komponente in der Psychologie stärken. Während in der klassischen Psychologie üblicherweise das Hauptaugenmerk darauf liegt, wo (Krisen-)Intervention notwendig ist, beschäftigt sich die Positive Psychologie mit der Frage, wie ein gutes Leben gelingen kann.

„Gesundheitsmodelle sind eigentlich Krankheitsmodelle“ sagt Dr. Ruch und lacht als er erklärt, dass sich der Grossteil der Psychologen um 30 Prozent der Bevölkerung kümmert – den eigentlich kleinen Teil von Menschen, die einmal im Leben psychisch erkranken. Die übrigen 70 Prozent der Menschen bilden damit einen grossen Bereich, der vollkommen offen steht für die Positive Psychologie.
Schön veranschaulicht wird der besondere Ansatz der Positiven Psychologie in einer linearen Grafik, die vom unglücklichen Minusbereich hin zum höchst positiven Lebensgefühl reicht und zeigt, dass die Abwendung von Leid zunächst nur in den neutralen (Null-)Zustand führt. Genau dort erforscht die Positive Psychologie (formell bestehend seit 1998) ein relativ junges Gebiet. Sie sucht nach Wegen zu einer höheren, positiven Lebenszufriedenheit.

Drei Schlüsselkonzepte
Die Arbeit seines Instituts erklärt Willibald Ruch anhand dreier Schlüsselkonzepte: Dem „Subjektiven Wohlbefinden“, dem „Guten Charakter“ und den „Orientierungen zum Glück“.
Das subjektive Wohlbefinden setzt sich unter anderem zusammen aus der Lebenszufriedenheit und der Arbeitszufriedenheit. Der gute Charakter definiert sich durch 6 Tugenden und 24 Stärken. Die Orientierungen zum Glück sind beispielsweise der Ansatz des Hedonismus, ein sinnerfülltes Leben sowie Selbstverwirklichung und „Flow“.

Lebenszufriedenheit
Eine Happiness-Landkarte zeigt: Die Lebenszufriedenheit in der Schweiz ist im weltweiten Vergleich eher hoch. Untersucht werden dann die Einflüsse von Gesellschaftsstrukturen, Einkommen und anderen Dingen in den besonders glücklichen Gebieten.

In Amerika wurden Studien in spezifischen Berufsgruppen durchgeführt, mit dem Ergebnis, dass die Juristen unter den Bestverdienern zu jenen mit der geringsten Lebenszufriedenheit zählen. Dr. Ruch erklärt dies damit, dass das Berufsbild des Juristen bereits darauf trainiert sei, „Fehler“ beim Gegenüber zu finden und Schwächen besonders stark wahrzunehmen. „Wenn dieser dann auf seine Traumfrau trifft….“, scherzt Prof. Dr. Ruch und erklärt, es wie wichtig es ist, sein Gehirn ausgewogen zu trainieren.

Charakterstärken
Die Summe unserer Gewohnheiten bildet unseren Charakter. Man unterscheidet hierbei in der Positiven Psychologie zwischen 6 Tugenden und 24 Stärken. Tugenden sind Eigenschaften wie Weisheit, Mut, Menschlichkeit, Gerechtigkeit, Mässigung und Transzendenz. Stärken ihrerseits lassen sich kategorisieren in Dankbarkeit, Hoffnung, Ausdauer und ähnliche Bereiche. Es wurden Modelle und Tests entwickelt, die Tugenden und Stärken von Personen bestimmen. So kann jeder prüfen, worauf er sich verlassen kann und wo er Nachholbedarf sieht.

Bestimmte Stärken begünstigen die Zufriedenheit eines Menschen. Wir sind beispielsweise glücklicher, wenn unsere Stärken sich weitgehend mit denen unseres unmittelbaren Umfelds decken oder auch, wenn wir berufsbedingt unsere persönlichen Stärken besonders häufig einsetzen können. Auch in einer Partnerschaft oder Freundschaft kann man die Zufriedenheit gezielt fördern, indem  beide ihre Stärken nutzen. Bei einem gemeinsam zubereiteten Abendessen ist sowohl jener glücklich, der gerne kocht, als auch jener, der gerne isst.

Allgemein betrachtet, tragen Stärken wie Hoffnung, Enthusiasmus, Bindungsfähigkeit, Neugier und Dankbarkeit am stärksten zur allgemeinen Lebenszufriedenheit bei. Die Arbeitszufriedenheit wird dagegen vorwiegend beeinflusst von Neugier, Dankbarkeit, Ausdauer und der Fähigkeit zu Lieben.

Im Vorfeld der Sommerakademie hatten einige Teilnehmer bereits an einer Onlinestudie zu Charakterstärken teilgenommen. Innerhalb der Gruppierung Sommerakademie 2014 sind Dankbarkeit, Führungsvermögen, Bindungsfähigkeit, Urteilsvermögen und Vergebungsbereitschaft die am intensivsten vertretenen Stärken.

Geistiger Fingerabdruck
Signaturstärken sind Stärken, die für eine Person so typisch sind wie ihr Fingerabdruck, erklärt Dr. Ruch. Bei der Untersuchung in Berufsgruppen zeichnen sich auch deutliche Tendenzen bestimmter Stärken innerhalb der Arbeitsfelder ab. Die grösste Zufriedenheit am Arbeitsplatz empfindet auch hier, wer die meisten seiner individuellen Stärken innerhalb seiner Tätigkeiten nutzen kann. Und die gute Nachricht ist: Man kann dies trainieren. Probanden, die eine Zeit lang bewusst ihre Stärken mehr einsetzten, waren nach diesem Versuch nicht nur langfristig zufriedener bei ihrer Arbeit, sondern gewannen auch nachhaltig an Lebenszufriedenheit.

Alle Menschen haben Stärken, und jede Stärke kann man bewusst schulen. Die grössten Erfolgserlebnisse hat man aber, wenn man nicht die schwächeren Stärken einer Person angeht, sondern die ausgeprägteren fördert und trainiert.

„Wir zwingen niemanden glücklich zu sein, aber wir stellen das Wissen dafür zur Verfügung.“
Mit diesem pointierten Fazit beendete Dr. Ruch einen höchst spannenden und informativen Vortrag über das Forschungsgebiet der Positiven Psychologie, dessen Ziele und Wege. Die Teilnehmer bedanken sich mit ausgiebigem Beifall und auch der anschliessend angebotene Workshop zur Vertiefung ist mit über 20 Teilnehmern besonders gefragt. Dem Referat war sehr gut zu folgen, die Sachverhalte anschaulich erklärt und sympathisch präsentiert. Die begleitenden Folien boten unterstützende Veranschaulichungen der verschiedenen Ansätze. Die Positive Psychologie ist sicher eine Thematik, die beinahe jeden interessiert. Immerhin forscht sie sehr nah am individuellen und alltäglichen Leben und liefert für die Arbeit der Kinder- und Jugendförderung wertvolle Erkenntnisse. Wenn auch Dr. Ruch sich vom Begriff des „Glücksforschers“ klar distanziert, ist doch das Streben nach Glück etwas, das wir alle gemeinsam haben und immer haben werden.

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