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Hochsensibilität – Fluch oder Segen?

Jäggi Bischof knüllt einige Seiten Zeitungspapier unsanft zusammen und wirft sie den Teilnehmenden wortlos vor die Füsse. Wer damit bereits an seine sensorische Belastungsgrenze stösst, ist mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Träger von Hochsensibilität. (Stummes Aufatmen aller, die eben eher irritiert als überfordert waren.)

„Hochsensibilität,“ erklärt Jäggi Bischof, „hat viele Teilaspekte. Der sensorische, also die Empfindlichkeit auf Geräusche, Gerüche, Farben, Licht ist nur einer von drei Bereichen, die man unterscheidet. Er ist vielleicht am greifbarsten und offensichtlichen.“

Im emotionalen Fokus äussert sich diese Veranlagung in hochausgeprägter Empathie, Hilfsbereitschaft, Intuition. Und die kognitive Komponente der Hochsensibilität kann eine Inselbegabung sein, ein starkes wissenschaftliches Verständnis, sowie logisches Denken.

Oftmals überwiegt eine Sensibilitätsrichtung. Nicht selten aber fallen mehrere in unterschiedlicher Ausprägung zusammen. Es wird zudem unterschieden zwischen Introvertiertheit, in rund 70 % der Fälle von Hochsensibilität gegeben, und Extrovertiertheit. Ersteres kann sich beispielsweise im Asperger-Syndrom äussern. Eine extrovertierte Veranlagung hingegen zum Beispiel als ADHS.

Ist es also eine Gabe oder eine Schwäche, Fluch oder Segen, hochsensibel zu sein? Sensibel sind erstmal alle Menschen und es ist eher eine Frage der Dosis und der Gesellschaftskonformität.
Empfindsam zu sein und von etwas eine hohe Menge zu besitzen, ist erstmal positiv einzuordnen, aber was, wenn dieser Persönlichkeitszug zu Überforderung führt? Wenn also Hochsensibilität zu Einschränkungen im Alltag führt? Sie kann Orte, Menschen oder Inhalte unzugänglich machen, da der Rahmen nicht (er)tragbar ist.

Die Hochsensibilität ist da oder eben nicht, man kann sie nicht erlernen und nicht loswerden. Vielleicht ist man der Elefant im Porzellanladen, will das aber gar nicht sein, kann aber auch nicht anders. So bleibt man stets den Elefanten, ohne es gewählt zu haben.

Anhand eines Personen-Beispiels aus dem Lebensalltag und offenen Brainstormings der Teilnehmenden führt Jäggi Bischof durch verschiedene Fragenstränge:
Wie äussert sich Hochsensibilität? Können Menschen sie unter Verschluss halten, um einen ungestörten (Berufs-)Alltag zu ermöglichen? Wo sind Eigenschaften der Hochsensibilität ein Vorteil? Wie können Schulen mit hochsensiblen Kindern umgehen, um ihnen früh im Leben ein positives Empfinden ihrer Besonderheit zu ermöglichen?

Stichwort gesellschaftskonform – alles orientiert sich an einem Mittelwert, an der Mehrheit. Wer abweicht, eckt an und Hochsensible merken das auch. In der Folge bauen sich betroffene Menschen gerne eine metaphorische Glasglocke, die sie abschirmt und den fehlenden Filter zur Umwelt ersetzt. „Allerdings umschliesst diese unsichtbare Schutzschicht dann alle Lebensbereiche, positive wie negative“, erklärt Jäggi Bischof.

Es gibt keine klare Antwort am Ende dieses Workshops, vielleicht weil auch die Frage schon gar nicht klar ist. Nicht alles ist zu erklären, aber Hochsensibilität ist eben da und man kann sie nur annehmen. Wegtherapieren kann man sie nicht und man muss lernen mit der Gabe zu leben und sie als Gabe zu leben.

Text: Miriam Stepper
Fotos: Raphael Hünerfauth

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