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Eröffnung

Montag, 11. Juli 2016


16.15 Uhr

Markus Gander eröffnet gemeinsam mit Alex Höchli und Dominik Büchel die diesjährige Sommerakademie zum Thema: "Lebensklug werden. Wie Risikokompetenz gelingt."
Das Risiko der Sommerakademie war bis zuletzt deren eigene Zukunft. Wie wird es weitergehen, mit dem Kursaal und dem Veranstaltungsort, der derzeit von einer Grossbaustelle umgeben ist? Die Akademie macht sich im nächsten Jahr auf zu neuen Ufern und bringt den Kongress für Kinder- und Jugendförderung ans Meer. Denn „Solothurn liegt am Meer, es ist dort nur besonders schmal“, erklärt Markus Gander und baut mit der Ankündigung zum ersten Kurzfilm von Nils Feigenwinter sogleich eine Brücke nach Solothurn – dem neuen Zuhause der Sommerakademie ab 2017.

16.30 bis 18 Uhr - Referat und Diskussion
„Die Lebenslage Jugend als Risikolage“
Prof. Dr. Lothar Böhnisch

„Die Dampfmaschine und die Jugend, das sind die zwei grossen Erfindungen der Industriellen Moderne“, stellt Böhnisch an den Beginn seines Vortrags. Denn erstmals kam dort das Phänomen der Jugend zum Tragen. Als eine Lebensphase, in der der junge Mensch von Arbeit entbunden ist, um zu lernen, zu experimentieren und sich auszuprobieren. Ein Moratorium, eine Zeit des Aufschubs der späteren Pflichten. Eine sehr wichtige Zeit im Leben eines jeden Menschen, da jenen, denen dieses Moratorium verwehrt bleibt, später ein essentielles Stück Lebensgeschichte fehlt.

Jugend bedeutet zunächst ein neues Terrain zu betreten. Die Jugend ist ihr eigenes Spielfeld. Ohne Rücksicht und ohne Altlasten der Vergangenheit. Sie nimmt die Welt an, so wie sie sie vorfindet. Böhnisch stützt seine These am Beispiel der Technologie. Die Jugend nimmt alle technischen Neuerungen ganz selbstverständlich an und macht sie sich zu Eigen. Diese Gegenwartsorientierung, das Jetzt und Hier spielen im Risikoverhalten junger Menschen eine bedeutende Rolle.

Gefährdend wird Risikoverhalten erst, wenn es für Jugendliche zum einzigen Ausdrucksmittel, zum scheinbar einzigen Weg zur Aufmerksamkeit wird. Böhnisch führt als Beispiel einen verhaltensauffälligen Schüler an, der durch sein Verhalten Anerkennung, wenn auch negativer Form, erlangt.

Besonders äussert sich Risikoverhalten in Cliquen. Durch die emotionale Ablösung in der Pubertät von der eigenen Familie, wächst eine starke Bindung an die Clique. Dort entsteht, oft motiviert durch die Gruppe, ein riskantes Verhalten, das ein Einzelner so nicht eingehen würde. Bei Jungs sind es meist grössere Cliquen, wohingegen Mädchen eher zu engen Freundschaften im kleinen Kreis tendieren. „Darum sind Mädchen auch länger beleidigt“, erklärt Böhnisch, „die Bindung ist viel enger, weil der Rahmen meist kleiner bleibt.“
Problematisch wird es, wenn Gruppen (nur) durch gemeinsames Risikoverhalten zusammengehalten werden. Es entsteht ein Mitmachen um dazuzugehören. Was die Jugendarbeit leisten kann, ist eine Destrukturierung. Jugendarbeitende können neue Wege zur Anerkennung ins Spiel bringen.

Das Geschlecht ist bedeutsam im Zusammenhang mit Risikoverhalten. Jungs tendieren zu einer Reaktion nach Aussen, der aufgebaute Frust nimmt häufiger einen Weg in äussere Aggression, wie beispielsweise Randale.  
Mädchen neigen häufiger zu autoaggressivem Verhalten, machen den Ärger mit sich selbst aus und äussern sich häufiger in selbstverletzendem Verhalten. Ein bekannte Äusserung dessen ist beispielsweise Magersucht. In beiden Fällen ist eine innere Hilflosigkeit, ein mangelndes Selbstwertgefühl die Grundlage für das Risikoverhalten.
Jeder kennt diese Situation, in der man sich schlecht fühlt und spürt „das muss einfach raus“. In niedriger dosierter Form erlebt jeder dieses Gefühl regelmässig und sucht in der Regel das Gespräch, um sich Luft zu machen, erklärt Böhnisch. Jugendliche, die diesen Bewältigungsmechanismus nie (kennen) gelernt haben, sehen aber keine andere Möglichkeit auf sich aufmerksam zu machen.

Es ist wichtig, zu verstehen, so Böhnisch, dass betroffene Jugendliche das eigene Gewaltverhalten als etwas Positives empfinden, etwas, das Anerkennung verschafft. Dieses Verhalten lässt sich also nicht einfach ausreden. Eine Lösung findet sich vielmehr darin, Wege aufzuzeigen, die Anerkennung jenseits der Aggression gegen sich selbst oder andere ermöglichen. Böhnisch vergleicht den Ansatz der funktionalen Äquivalente mit American Football: „Gewaltnahes Spiel, aber mit Regeln. Jeder hat unterschiedliche Rollen und Mitteilungsmöglichkeiten“.

Jugendarbeitende haben in ihrer Funktion eine besondere Rolle inne, in der sie das Mittel der persönliche Beziehung einsetzen dürfen und sollen, plädiert Böhnisch und gibt dem Publikum eine klare Botschaft mit in diesen ersten Abend der Sommerakademie: „Jugend ermöglichen“.

Text: Miriam Stepper
Fotos: Raphael Hünerfauth

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