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Generationenbeziehungen gestalten – Chancen und Risiken

Man merkt schnell, dass Prof. Dr. Höpflinger für seine Forschung brennt: Ohne Einleitung und weitere Umschweife kommt er in seinem Referat zur Sache. Man meine immer, dass die Jungen von den Alten lernen, sagt er. In Wirklichkeit sei es aber anders: Die Alten lernen von den Jungen.

In seinem Referat stellt Prof. Dr. Höpflinger verschiedene Aspekte der Beziehung zwischen Jugendlichen und Senioren dar. Die demografische Entwicklung bewirkt, dass die Jugendlichen immer mehr zur Minderheit werden. "Überalterung" ist das Schlagwort, das hier oft benutzt wird – Höpflinger tut dies bewusst nicht. Von der negativen Betrachtung der demografischen Entwicklung hält er nämlich nicht viel, wie er durchblicken lässt. Sie werde zum Beispiel verantwortlich gemacht für die hohen Kosten im Gesundheitswesen. In Wahrheit aber werde der Grossteil dieser Kosten von anderen Faktoren beeinflusst.

Die demografische Entwicklung birgt auch Potentiale. Die hohe Lebenserwartung zum Beispiel bewirke, dass Jugendliche heute länger etwas von ihren Eltern und Grosseltern haben, die gemeinsame Lebenszeit wird grösser. "Der Nachteil ist, dass Sie halt auch länger warten müssen, bis Sie erben können", sagt der Soziologe schmunzelnd zum Publikum. Prof. Dr. Höpflinger sieht in der Bildungspolitik eine der wichtigsten Säulen der Alterspolitik. Bekämen zum Beispiel alle Jungen mehr Lohn, so wäre die AHV auch gerettet, ohne dass das Rentenalter erhöht werden muss.

Dreifacher Generationenwandel

Ob positiv oder negativ – sicher ist, dass die demografische Entwicklung Veränderungen mit sich bringt. So gebe es heute Vier-Generationen-Familien, die Urgrossmutter passe auch mal auf ihren Urenkel auf. Auch im Berufsalltag sei ein Generationenwandel zu spüren, und zwar gleich ein dreifacher. Einerseits in der Belegschaft, jüngere und ältere Mitarbeitende treffen aufeinander. Andererseits in der Kundschaft, die nicht selten deutlich älter ist als die Belegschaft. Und drittens unterliegen auch die Produkte und Arbeitsformen, gerade wegen der Digitalisierung, einem Wandel. Spannend sind die Gemeinsamkeiten: So hat eine Umfrage ergeben, dass sich vor allem Leute unter 25 und über 55 Jahren wegen ihres Alters diskriminiert fühlen. Sie würden zum Beispiel nicht ernst genommen oder bekämen zu wenig Verantwortung übertragen.

Positive Dynamik nutzen
Das Bild der Jugend sei deutlich schlechter als das des Alters, erklärt Höpflinger. Sofort kommt eine Zwischenmeldung aus dem Publikum: "Das war es schon immer!" Interessanterweise seien es aber gerade die Senioren, die am Kontakt mit der Jugend interessiert sind. Sie möchten sie zum Beispiel lieber gemeinsam mit Jungen wohnen als in reinen Alterssiedlungen. Das generationenübergreifende Wohnen ist eines von vielen Generationenprojekten, die in der Schweiz realisiert werden. Bei den Projekten geht es jedoch nicht darum, Generationenunterschiede aufzuheben, sondern die Dynamik positiv zu nutzen, die aus dem Spannungsfeld zwischen Jung und Alt entsteht. So gebe es zwar noch keine Studie, die belegt, dass Jugendliche vom Kontakt mit Senioren entwicklungspsychologisch profitieren. Das heisse aber nicht, dass dieser Effekt nicht vorhanden ist. Der positive Effekt von Generationenprojekten auf Senioren hingegen ist nachgewiesen.

Engagement ohne Einmischung
Wenn Jugendliche und Senioren zusammenkommen, gebe es einige wesentliche Punkte, die beachtet werden müssen. Eine komplette Durchmischung, zum Beispiel in Wohnanlagen oder auch bei der Organisation von Anlässen, funktioniere in der Regel nicht. Stattdessen seien lieber einzelne Wohnblöcke altersgetrennt, und nur die Siedlung als Ganzes mit Gemeinschaftsplätzen durchmischt. Oder ein Gottesdienst wird zur Hälfte von Jugendlichen, zur Hälfte von Senioren organisiert, und diese beiden Teile dann zusammengefügt.

Projekte, die Jung und Alt zusammenbringen, müssen gut organisiert werden. Denn für Jugendliche seien ältere Menschen zwar interessant, aber nicht relevant. Deshalb ist auch das "Engagement ohne Einmischung" ein zentraler Faktor, der von den Senioren verlangt wird – und für diese oft nicht einfach ist. Gut zu sehen sei das im Privatalltag: Grosseltern dürfen sich gerne um ihre Enkelkinder kümmern, sollen sich aber bitte nicht in die Erziehung einmischen. Am allerbesten funktionieren aber Generationenprojekte, die nicht als solches bezeichnet werden – sondern einfach funktionieren, weil sie für alle Beteiligten interessant sind.

Text: Anita Béguelin
Fotos: Raphael Hünerfauth

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