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Haaaaatschii-hatsch!

Werner

"Haaaaatschii-hatsch! Haaaaaaaaaatschii-hatsch!"

Ich schaue nach links, niemand.

Und rechts? Niemand.

Schritte.

Ich laufe noch schneller.

Hinter mir ist jemand.

Vom Eingang bin ich noch zu weit entfernt. Ausgeliefert. Schutzlos.

Ich eile.

Plötzlich spüre ich einen Stoss von hinten. 

 

Mit einem Platsch lande ich in der Pfütze. Hinter mir rennt jemand weg.

 

"Haaaaatschii-hatsch! Haaaaaaaaaatschii-hatsch!"

 

Ich reisse den Kopf herum.

Niemand.

Ich weiss genau, wer es war.

Schuldig sind ganz klar Kunigunde und ihr Gefolge. Kunigunde hat mich noch nie gemocht.

Dies beruht auf Gegenseitigkeit.

 

Meine Hose ist vollkommen durchnässt. So kann ich nicht in die Schule. Ich drehe um. Zurück nach Hause.

Meine Gedanken schwirren im Kopf herum. Wenn ich jetzt gehe, lasse ich sie gewinnen. Das kann ich nicht zulassen.

Sie haben kein Recht dazu, über mein Leben zu bestimmen. 

Ich mache eine Kehrtwendung. 

 

Gertrud

Werner ist mal wieder zu spät. Dabei hätte er mir noch die Mathehausaufgaben für die nächste Lektion bringen sollen, damit ich sie genug früh abschreiben kann.

 

"Guten Morgen, meine Schüler! Heute befassen wir uns mit dem Erdinnern. Besprecht bitte zu zweit euer bereits vorhandenes Wissen. Anschliessend werdet ihr zu einem Themengebiet einen Vortrag vorbereiten." Frau Kükenbrink atmet tief durch und lässt ihren Blick über die Klasse schweifen. "Oh, Werner ist abwesend. Kunigunde, wärst du so freundlich und tauschst dich mit Gertrud aus? Danke."

 

Kunigunde schaut zu mir und lächelt künstlich. Mit einer kurzen Handbewegung winkt sie mich zu sich. Na toll, ich darf mich neben die Prinzessin setzen. Eigentlich habe ich ja kein Problem mit ihr, aber manchmal übertreibt sie es mit ihrer Hochnäsigkeit.

 

Sobald ich neben ihr sitze, beginnen wir, unsere verstaubten Geografiekenntnisse über die Erde auszugraben. Die Türe öffnet sich.

 

"Haaaaatschii-hatsch! Haaaaaaaaaatschii-hatsch!"

 

Sofort macht sich ein Kichern im Raum breit. Sobald wir seine nassen Hosen sehen, können wir uns nicht mehr zurückhalten und lachen lauthals los. Was hat er denn heute angestellt? "Ach, hallöchen Werner! Schön, dass du auch noch im Unterricht erscheinst. Hast du denn wenigstens gut geschlafen?" Sie deutet auf uns. "Du kannst dich den beiden reizenden Damen anschliessen. Lass dir von ihnen erklären, welches Thema wir heute behandeln."

 

"Haaaaatschii-hatsch! Haaaaaaaaaatschii-hatsch!"

Mit roten Wangen schlurft er auf uns zu.

"Haaaaatschii-hatsch! Haaaaaaaaaatschii-hatsch!"

 

Sein nervöses Niesen sind wir uns langsam gewöhnt. Trotzdem ist es jedes Mal aufs Neue ein witziges Ereignis, welches die ganze Klasse belustigt. Kunigunde kann es wieder einmal nicht lassen. "Hast du es nicht mehr auf die Toilette geschafft, Werni?" Mit einem hämischen Grinsen betrachtet sie den Fleck auf seiner Hose. "Also, wir fahren weiter mit den Präsentationen. Der Einfachheit halber arbeitet ihr in denselben Gruppen." Sie verteilt die Themen. Wir kriegen den Erdkern. "Morgen müsst ihr euer Thema präsentieren. Ich freue mich schon auf spannende Vorträge!"

 

Noch am selben Nachmittag sitzen wir zu dritt in der Bibliothek. Zwischendurch nimmt sich Kunigunde die Zeit, Werner mit fiesen Sprüchen oder Papierkügelchen aufzuziehen. Werner lässt all dies einfach über sich ergehen. Für ihn ist das bereits Alltag. 

 

Nach nur zwanzig Minuten schaut Kunigunde auf ihre knallpinke Uhr. "Hoppla, schon so spät. Meine Maniküre erwartet mich. Und ihr müsst ja bestimmt auch schon bald ins Bettchen für euren dringend notwendigen Schönheitsschlaf. Ganz besonders du, Werni. Tschüssi!" Mit einem strahlenden Lächeln rauscht sie davon. Autsch. Das war gemein. 

 

"Haaaaatschii-hatsch! Haaaaaaaaaatschii-hatsch!"

 

Ich finde es nicht okay, wie sie ihn behandelt, aber was soll ich machen? Freundliches Verhalten kann man von Kunigunde ja nicht erwarten, aber das war nun wirklich zuviel. Ich schaue Werner an, der eine Niesattacke erleidet.

 

"Haaaaatschii-hatsch! Haaaaaaaaaatschii-hatsch!"

 

Was soll ich ihm denn nur sagen?

 

"Haaaaatschii-hatsch! Haaaaaaaaaatschii-hatsch!"

 

Soll oder muss ich ihm helfen?

 

"Haaaaatschii-hatsch! Haaaaaaaaaatschii-hatsch!"

 

Kunigunde

Die rosa Glitzersteinchen auf meinen Nägeln funkeln entzückend im Licht. Bestimmt setzt sich Gertrud neben mich und wendet sich mir zu. Ihre Augen funkeln aggressiv und erst jetzt fallen mir ihre ekelhaften Augenbrauen auf. Angewidert starre ich zurück.  "Woher nimmst du das Recht, dich ohne meine Genehmigung neben mich zu setzten?" 

 

"Ich muss mit dir reden." "Was du nicht sagst. Ich habe gerade Besseres zu tun." Demonstrativ betrachte ich meine Nägel. "Nein, jetzt hörst du mir zu. Deine Nägel sind später immer noch da. Zudem sind sie abscheulich, besser nenne ich etwas anderes." "Das musst gerade du sagen mit deinen Bauarbeiternägeln. Also, könntest du dich bitte kurz fassen und nicht noch mehr von meiner Zeit verschwenden?" "Es geht um gestern. Ich finde es widerlich, wie du mit Werner umspringst. So etwas hat nun wirklich niemand verdient." "Aber er beschwert sich doch nie! Und sein Niesen ist echt lächerlich. Du musst ja auch immer lachen, halte dich also nicht für etwas Besseres."

 

Dieses dumme Mädchen muss sich jetzt hier nicht als Heldin aufspielen. 

 

"Stimmt, aber deswegen musst du ihn nicht gleich beleidigen. Er kann schliesslich auch nichts dafür." "Das interessiert mich doch nicht! Er ist ein erbärmlicher Wurm, unser Werni. Er läuft komisch und sobald er ein bisschen nervös ist, niest er ohne Ende. Wie sollte man ihn da nicht erniedrigen wollen?"

 

"Kunigunde! Ich glaube, es ist ein kurzes Gespräch fällig." Frau Kükenbrink, die direkt hinter mir steht, schaut mich mit strengem Blick an.

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