Information | Förderung | Politik

>> AKTUELL>> SERVICE>> ÜBER UNS>> FÖRDERN HELFEN!
Sommerakademie > Sommerakademie 2018 > Berichterstattung > 

Ist offen das neue grün?

Der Key Note Speech von Unternehmer und Politiker Hannes Gassert eröffnet am Montagnachmittag die elfte Sommerakademie und fordert eine kleine Revolution: Open Data. Freie Datenquellen als Richtungsvorschlag für digitalen und gesellschaftlichen Fortschritt.

Sonst rede er oft vor älteren, ergrauten Zuschauern, denen er die noch ungenutzten Möglichkeiten des Internets zu verkaufen versucht. Das Publikum zum Start der Sommerakademie ist da anders. Jung und viel weiblicher, stellt Hannes Gassert fest. Die echte Zukunft also.

 

Die Zukunft von damals, die des glorreichen Triumphs des Internets, das die Informationsfreiheit auf ewig in Stein meisseln sollte, sei da. Aber irgendwie doch nicht. Die euphorische Stimmung, als der junge Zürcher in einer Kunstgalerie in den 90ern die ersten Worte ins World Wide Web tippte, sie ist weg. Das Halleluja verhallt in den gekühlten Tiefen des globalen Serverraums.

 

Chancen aus der Notwendigkeit

 

Das Schöne an Referaten sei, dass man weit ausholen könne. Und das tut Hannes Gassert in seinem Key Note Speech dann auch, zumindest historisch betrachtet: "Als die Sumerer vor 5000 Jahren die Schrift entwickelten, war das viel mehr als eine Innovation. Damit konnten ihre komplexen Geschäfte abgewickelt werden und so konnten die Briten im 19. Jahrhundert die Tabellenkalkulation anwenden, um der riesigen Datenmenge des Empires Herr zu werden." Das handschriftliche Excel also. Danach kamen Lochkarten und Schränke voller Kabel und Schaltungen: "IBM was born." Die Sumerer und die Briten hätten einen wichtigen Schritt gemacht. "Sie nutzten die Notwendigkeit und die Chance ihrer Zeit."

 

Wikipedia ist kein Schuh

 

"Was ist neu?", fragt Gassert in der Gegenwart. Auf dem Slide an der Wand sieht man das Bild einer Banane, einer Pille und einer Filmrolle. "Was fällt aus der Reihe?" fragt er weiter. Während die Banane auf der Plantage für den gleichbleibenden Betrag wachse, sei die Herstellung eines Films oder eines Medikaments zu Anfang enorm teuer, die Reproduktion aber viel günstiger.

 

Die heutige Wirtschaft wendet die Preis-pro-Stück-Rechnung auf digitale Informationsgüter an. Die Ökonomie habe sich aber verändert, so Gassert. Digitale Information auf der Grundlage des Webs ist aber kein Ding. Es ist Wissen. Frei nutzbar, veränderbar und teilbar. "Wenn die Basics (des Codes) nicht frei wären, gäbe es kein Google, Amazon und keine Online-Startups". Wikipedia ist also keine Banane, kein Schuh, es ist nicht einmal ein Buch.

 

Open everything

 

Aus dieser breiten Abrufbarkeit entsteht gigantisches Potential. Zum Beispiel für die Verwaltung. Open Government Data, als Rohmaterial zur Verfügung gestellt, kann von allen Bürger*innen genutzt werden. In der Schweiz zum Beispiel auf der Seite des Vereins opendata.ch.

 

Auch private Unternehmen werden aufmerksam und geben mehr Daten frei, meint Gassert. "Die Firmen sehen, wenn sie die Daten veröffentlichen, macht das ihr Produkt attraktiver." Die kommerzielle Motivation sei vorhanden.

 

Ein grossartiges Beispiel für einen weiteren Zweig von Open Data sind Gemeinschaftsarbeiten wie das Projekt openstreetmap.org. Darauf können Freiwillige weltweit mittels Satellitenbildern veraltete Strassenkarten aktualisieren. "Die Leute lösen das Problem für sich selber." Das rettete nach dem verheerenden Erdbeben in Nepal viele Leben, weil den Rettungskräften innerhalb von 48 Stunden korrekte Landkarten für die abgelegenen Berggebiete zur Verfügung standen.

 

Neue Welt, alte Regeln

 

Für Gassert ist klar, dass das heutige pro-Stück-Denken aus der (Bananen-)Produktion nicht für Informationsgüter angewendet werden sollte: "Das ermöglicht einigen Playern eine Monopolbildung". Denn nur sie können die Stückpreise so richtig drücken. Das schafft falsche Anreize, falsche Geldflüsse.

 

Man müsse "das Bewusstsein für diese fundamentalen Unterschiede an die Jugend weitergeben". Data Literacy nennt man die Befähigung, planvoll mit Daten umzugehen und sie im jeweiligen Kontext bewusst einsetzen und hinterfragen zu können. Doch dazu braucht es auch bereitgestellte Daten.

 

Projekte für ein Halleluja

 

Projekte und Anlässe, an denen sich junge Menschen in dieser neuen Welt aus Daten austoben können, bringen Erstaunliches zustande. "Da entstehen Dinge", grinst Gassert ins Publikum, "die niemand mit der klassischen Preis-pro-Stück-Motivation machen würde. Die Frage, die wir uns laut Gassert alle stellen sollten: "Was für ein Informationszeitalter bauen wir hier?" Denn wieder gibt es Komplexitäten - und wieder die Chance etwas Neues zu erschaffen. Und er fügt noch eine zweite Frage an: "Ist offen das neue grün?"

 

Text: Simon Schaffer

Unser Newsletter bietet jeden Monat News und aktuelle Infos zu Projekten und Partnern.

Tour de Science

Werden Sie Mitglied bei infoklick.ch und fördern Sie ganz gezielt die Partizipation von Jugendlichen. Zudem profitieren auch Sie von Vorteilen. Z.B. erhalten Sie 10 Prozent Rabatt bei der Teilnahme an unserer Sommerakademie. Hier geht's zur Anmeldung