Beschreibe dich in zwei Sätzen.
Als Kind war ich ein Träumer, der gerne Geschichten hörte. Jetzt bin ich ein Visionär, der Geschichten erzählt – mit der Hoffnung, Menschen (zunehmend dialogisch) zu begeistern sowie Gemeinsamkeiten und Gemeinschaften zu finden.

Woran erinnerst du dich, wenn du an die Sommerakademie 2009 denkst?
An meinen eigenen Workshop damals in Engelberg erinnere ich mich kaum, dafür umso besser an die partizipativen Momente: die Reise, das Wandern und Bräteln, faszinierende Vorträge anderer sowie die geknüpften Bekanntschaften, die bis heute bestehen. Vom ICH zum DU zum WIR.

Was bedeutet es dir, "im Dialog" zu sein?
Das dialog-gesundheit Forum Zollikofen ist ein auch eine Art Basar, um Geschichten zu erzählen. Das Leben ist von Geschichten geprägt und Beziehungen helfen dabei zu überwinden, zu "überleben". Das Forum wollte am Anfang vor allem Raum geben:

• Den Themen und Fragen: Zuerst von vergessenen Patienten, später auch von vergessenen Angehörigen, aber auch den Profis in der Pflege und Hausärzten
• Dem Zuhören: Der «zweiten Klasse» zuhören, selber zuhören lernen
• Dem Sprechen: In der Öffentlichkeit sprechen lernen, sich und anderen Gehör verschaffen
• Dem Erleben: Von neuen, guten Beziehungserfahrungen
• Der Selbsthilfe: Sich durch Ratgeber selbst helfen
• Dem Heilungsprozess: Um letztendlich gesund und heil zu werden, trotz chronischer Krankheiten

Ein Dialog kann auch übergeordnet sein: 2006 fand dann eine "Gegenwartskonferenz" statt – das war die Antwort auf eine "Zukunftskonferenz" der Gemeinde mit rückläufiger Teilnahme der Bevölkerung. Die "Gegenwartskonferenz" von dialog-gesundheit fand mit Einbezug der Bevölkerung und einem Treffen der Vereine statt.

Wie begann das CAFÉ MONDIAL?
CAFÉ MONDIAL ist ein Tochterprojekt von dialog-gesundheit. Angefangen hat es vor 10 Jahren durch die Projektteilnahme bei "JugendMitWirkung" mit der Frage: "Was will Jugend?". Die Idee war, dass Erwachsene das Netzwerk und Finanzen erbringen, um sich den damaligen Themen wie Rollerblade, Schaumparty oder einem günstigen Starbucks zu widmen. Nach Starschwierigkeiten wie der Findung einer Lokalität, waren die Jugendlichen herausgewachsen.

2015 veränderte sich die Lage. Das innovativen Quadrat in Zollikofen öffnete seine Türen, der Runde Tisch der Migration und Integration tagte, die Heilsarme leitete ab 2016 eine Kollektivunterkunft an der Birkenstrasse - ein gemeinsames Bedürfnis entwickelte sich zu einer Idee, die sukzessive verwirklicht wurde.

Heute finden im Rahmen vom CAFÉ MONDIAL Vernetzungsanlässe bei einem Kaffee statt.

Was ist das CAFÉ MONDIAL genau?
Das CAFÉ MONDIAL bietet einmal pro Woche die Möglichkeit zu Begegnung und Austausch zwischen Menschen unterschiedlichster Herkunft. Dabei wird nicht einfach nur ein Café betrieben, sondern es werden auch Gesellschaftsspiele zur Verfügung gestellt und eine niederschwellige Beratung offeriert. Je nach Bedürfnissen der Teilnehmenden werden weitere Angebote aufgebaut. Das Projekt will so dazu beitragen, Sprachkenntnisse zu verbessern, Vorurteile abzubauen wie auch die Integration und die Partizipation in kommunalen Prozessen zu fördern. Das CAFÉ MONDIAL soll auch als "Börse" für freiwillig Engagierte funktionieren, die Migrantinnen und Migranten unterstützen möchten.

Susanna Haller als Co-Leiterin führt das Projekt mit einzigartigem Feuer (le cri du coeur), Gelassenheit, Geduld und sehr viel Power (Kraft). 2016/2017 prämierte contakt-citoyennete.ch das Projekt CAFÉ MONDIAL mit einem Preis.

Wie wichtig ist die Wirtschaftlichkeit?
Im Gegensatz zu dialog-gesundheit wiederfährt dem CAFÉ MONDIAL bei der Frage nach Rentabilität Druck. Die Kosten belaufen sich auf 12'000 Franken pro Jahr. Wer diese zahlt, vorschiesst oder übernimmt, ist jährlich ein administrativer und nervlicher Aufwand, der bislang meist auf dem Rücken von Privaten geschieht. Die Gemeinde sieht sich diesbezüglich nicht in der Pflicht, obgleich 25 Prozent der Anwohnenden Migrationshintergrund besitzen. Eine Schnittstelle der Begegnung wäre daher sinnvoll und wünschenswert.

Gibt es eine Lösung?
Susanna Haller betreibt das CAFÉ MONDIAL noch bis Ende 2019 und bleibt bis dann Herz und Seele des Projektes. Sie vernetzt, begeistert und integriert jeden Montag am Abend von 18 – 21:00 Uhr die Gäste mit ihrem unerschütterlichen Glauben, dass es werden und sein darf. Es gibt immer eine Lösung. Susanna Haller vertritt diese unkommerzielle Orientierung und kämpft dafür, dass sich das CAFÉ MONDIAL nicht finanziell, sondern menschlich und sozial ideell lohnt.

Erfolg lässt sich in diesem Falle nicht mit Geld messen. Es handelt sich um Entwicklung von Räumen, die Begegnungen ermöglichen und Einzelgeschichten wertschätzen.

Wo siehst du aktuelle Schnittstellen zwischen der Sommerakademie 2019 "Ungleich Heimat - Wie Armut Lebensentwürfe prägt" und dem CAFÉ MONDIAL?
Ich trat bereits bei xunds-grauholz.ch an Markus Gander heran - mit Themen wie Armut und Schuldenfalle. Erfreulich ist nun 2019, dass der Workshop von Paula Weimann "Gestalten ist Wandeln" während der Sommerakademie Anklang fand und die Teilnehmenden interessiert und intensiv mitmachten. Es ist zugleich ein Test, um das Projekt "GESTALTEN ist SPRACHE – Notieren und Skizzieren" im CAFÉ MONDIAL im September starten zu können. Es wird im Erwachsenenbildungsprogramm Zollikofen und Region erscheinen.

Was bedeutet Entwicklung für dich?
Träume haben! Von persönlichen zu gemeinsamen Visionen zu gelangen. Armut heisst leider oft, keine Pläne zu machen. Eine Gemeinschaft ist da, wenn wir die Vielfalt halten und den kleinsten gemeinsamen Nenner finden.

Was wünschst du dir für die Zukunft?
Die Lokalität verändert sich gerade, im ehemaligen Restaurant im Quadrat entstehen mietbare Arbeitsplätze für Einzelpersonen und Teams - ein neues Publikum wird angezogen. Die Wirkungen der Neustrukturierung auf den Montagabend zeichnen sich positiv ab.
Ich träume davon, dass das CAFÉ MONDIAL "mehr als breitsch-traeff.ch" wird. Dass alles über die Jahre Gesehene und Gefundene an Ideen und Themen wie z.B. Spiele, Jobbörse, Startups und ein Suppenzirkus ihren Platz und Austausch im und mit CAFÉ MONDIAL finden. Denn das Wichtigste sind die Gespräche.

Was ist dein Fazit und Schlusswort für das Interview?
"Think global, act local!" – eine kleine soziale Einheit, die gerne "tuät zämä käfälä u schnuure, gschprächle, Gschichte verzelle".