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Soziale Arbeit und betriebliche Wirtschaftlichkeit

…oder: über Geld reden! Und das bei schönstem Wetter – die Erwartungen der Sommerakademie-Teilnehmenden an den Workshop von Philippe Anex waren entsprechend gross.

 

Geldgebern auf Augenhöhe begegnen
Nach und nach trudeln die Workshopteilnehmer*innen ein. Vom sonnigen Aareufer kommen sie in den frischen Raum und spüren den Gegensatz des Themas direkt "am eigenen Leib". Soeben noch an der Wärme, werden sie mit dem kühlen Thema Finanzen konfrontiert. "Soziale Arbeit und betriebliche Wirtschaftlichkeit – ist das nicht ein Widerspruch?", fragt Philippe Anex dann auch gleich zum Einstieg. Er meint, es nütze nichts, wenn man sich vor dem Geld verschliesse, wie er es erlebt habe.

Philippe Anex kann auf eine grosse Erfahrung in der Offenen Jugendarbeit und Sozialen Arbeit zurückgreifen und hat auf dieser Basis letztes Jahr seine Masterarbeit über die Finanzierung familienergänzende Kinderbetreuung abgeschlossen. Er ist überzeugt: "Das lässt sich gut auch auf andere Bereiche übertragen." 

"Make or buy"

In der Kinderbetreuung, aber auch in der Jugendarbeit ist es wichtig, sich zu fragen, wie man damit umgeht, wenn das Geld gekürzt wird, wie man potenziellen Geldgebern auf Augenhöhe begegnen kann, was Wirkung hat und was nicht. Denn die Problemstellungen der Gesellschaft werden in der Regel an den Staat delegiert. Dann muss sich der Staat Gedanken machen: Kaufen oder selber machen – "make or buy"? Wird die Aufgabe z.B. an Vereine ausgelagert oder in die Gemeinde eingebunden? Dabei kann es sich um Heime, Jugendarbeit, Kitas, Fachstellen, Schulen/Uni oder kirchliche Organisationen handeln.

Wie der Staat darauf antwortet, ist immer eine politische Argumentation: So ist gerade der Auftrag für Jugendarbeit nicht klar formuliert, sondern lediglich über den Bildungsauftrag interpretierbar. "Ob und welche Finanzierung stattfindet, braucht deswegen gute Argumente", sagt Philippe Anex.

Qualität ist das höchste Gut
Am Beispiel der Kitas zeigt Anex auf, wie es aussieht, sich ohne staatlichen Auftrag finanzieren zu müssen. Die Hauptproblematik hierbei sei, dass nicht richtig gerechnet werde, was es koste, z.B. würden zusätzliche oder fehlende Steuererträge nicht mitgerechnet. Das heisst, es wird zu wenig differenziert – und die Qualität sinkt massiv, wenn das Geld nicht stimmt.

Bald ergibt sich eine Abwärtsspirale: "Kostengünstigeres Personal wird eingestellt, das Essen ist nicht mehr gut, die Kinder werden nicht mehr gut betreut, es gibt einen Skandal in der Presse und die Aufregung ist gross, weil es dann den Leuten zu teuer ist für das, was – oberflächlich gesehen – noch rausschaut", erklärt Anex. Ausserdem zeige sich, dass Kinderbetreuung ein Armutsthema sei, vor allem, wenn es um Trennung und Scheidung gehe.

In "ihrer Sprache" reden
In der anschliessenden Diskussion wird man sich einig, dass aufgezeigt werden muss, was der gesellschaftliche Nutzen einer Leistung ist und wieviel diese kostet. Denn: "Auch Geldgeber wie die Sozialdienste sind nicht immer automatisch legitimiert, Gelder zu sprechen. Auch wir müssen das gegenüber den Entscheidungsträger*innen legitimieren. Es braucht diesen Zyklus", erzählt eine Teilnehmerin von ihrer Erfahrung. Ein gesetzlicher Auftrag würde dem entgegenwirken, soviel ist klar – solange dieser jedoch nicht vorhanden ist, braucht es eine gute Legitimation.

Hier hakt Anex nochmal ein und schliesst seinen Workshop mit der Empfehlung: "Am besten redet und begründet ihr in «ihrer Sprache»: Die Gesellschaft hat ein Problem, wir haben diese Lösung, und diese Lösung hat ein bestimmtes Preisschild dran. Ansonsten gibt es Abstriche bei der Qualität. Dieses Risiko ist dann die Entscheidung, die die Politik tragen muss."

(Text: Jeannette Blank, Bilder: Raphael Hünerfauth)

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