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Finanzielle Schwierigkeiten bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen

Jugendverschuldung ist ein Thema, das von den Medien gerne und oft aufgegriffen wird. Doch was steckt wirklich hinter diesem Schlagwort? Elena Möri von der Schuldenberatung Aargau - Solothurn gibt Auskunft über Verschuldung und hat Tipps für die Offene Arbeit mit Kindern und Jugendlichen.

Schlagwort "Jugendverschuldung"

Das Thema Verschuldung ist ein ernstes Thema, das wird sofort klar, wenn man in die Gesichter der der Workshop-Teilnehmenden blickt: Gespanntes Warten bei der kleinen Gruppe im Seminarraum der Jugendherberge.

Elena Möri, die Präventionsverantwortliche der Schuldenberatung Aargau - Solothurn, beginnt direkt mit dem Kernpunkt: "Je früher Schulden beginnen, desto weitreichender und langjähriger die Folgen. Jugendliche sind aber nicht häufiger verschuldet als andere Altersgruppen, auch wenn das in den Medien gerne so publiziert wird." Aus diesem Grund sei es ein zentrales Bestreben der Schuldenberatung, Aufklärungsarbeit zu leisten und dem Schlagwort "Jugendverschuldung" entgegenzuwirken.

Schuldenprävention ist wichtig
Möri erzählt, warum die Schuldenprävention wichtig ist: Rund 35 Prozent der Schweizer Bevölkerung leben in einem Haushalt mit mindestens einer Art von Schulden (Hypotheken ausgenommen). Gute jede dritte Person kennt also das Problem der Verschuldung.

Allerdings gäbe es keinen "typischen Schuldner". Man sehe es dem Mann zwischen 30 und 50 Jahren (betrifft 57 Prozent der Schuldner) in regulärer Anstellung (betrifft 84 Prozent) und möglicherweise sogar mit hohem Lohn von aussen nicht an. "Wenn eine Lohnpfändung läuft, merkt das niemand. Man kann es jahrelang verstecken, auch vor der eigenen Familie", führt Elena Möri aus. Gerade deshalb sei die Schuldenprävention so wichtig – denn die Schuldenspirale dreht sich schnell: "Bei einem Erstkontakt, zum Beispiel über unsere Hotline, hat eine Person im Durchschnitt bereits 90'000 Franken Schulden."

Rückzug als Alarmsignal
Was aber auffällt: Die betroffenen Personen ziehen sich zurück, nehmen nicht mehr am Mittagessen mit den Arbeitskollegen teil, sind krank, haben Beziehungsprobleme und Erziehungsschwierigkeiten – und enden häufig aufgrund von Steuerschulden (83 Prozent), Krankenkassenschulden (57 Prozent) oder Kreditschulden (33 Prozent) mitten in der Schuldenspirale, die meist nicht einmal selbstverschuldet ist, sondern "weil das Leben passiert ist". Möri empfiehlt, sich zuerst an eine Budgetberatung zu wenden als an die Schuldenberatung, weil dies mit weniger Scham verbunden sei.  

Die Offene Arbeit mit Kindern und Jugendlichen als Chance
Wenn Kinder und Jugendliche betroffen sind, ist besondere Vorsicht angebracht. Sie sieht eine grosse Chance auch bei der Offenen Arbeit mit Kindern und Jugendlichen, da man hier bereits mitten drin ist in der Lebenswelt der Jugendlichen. Die Schuldenberatung Aargau – Solothurn bietet aus diesem Grund Multiplikatorenschulungen an. Was es dafür aber braucht: Die Bereitschaft der Jugendarbeitsstellen, in ihrem Kontext über Geld zu sprechen.

Eine Teilnehmerin meldet sich: "Oft weiss ich zwar von Schulden, die Jugendliche mit Online-Shopping machen, aber mir sind da die Hände gebunden." Möris Empfehlung: Helfen kann die kostenlose Beratungshotline der Caritas "SOS Schulden", nicht nur betroffenen Personen, sondern auch Fachpersonen in Kontakt mit Betroffenen. Auch gibt es einige Games, Tests zu Geldtypen und Rollenspiele mit dem Ziel, einen Denkanstoss zu geben und eine Sensibilisierung zu erreichen. So könne Prävention auch auf eine eher spielerische Art erreicht werden.

Aufklärung bei dubiosen Tricks
Nicht zuletzt sei es wichtig, auch über private Kreditfirmen und die Tricks der Inkassofirmen zu sprechen, die sich im rechtlichen Graubereich bewegen. Denn manchmal ist auch einfach fehlendes Wissen oder Betrug Grund für eine Verschuldung.

Spätestens gegen Ende des Workshops zeigt sich, wie emotional betroffen das Thema macht: "Wir leben doch in einem Rechtsstaat, warum steht hier niemand auf?", fragt eine Teilnehmerin aufgebracht. Auch hier werden wir mit der harten Antwort konfrontiert: Die Scham ist zu gross, in der Schweiz haben wir versteckte Armut. Und so heisst es auch zum Abschluss leider einmal mehr: "Man spricht halt nicht darüber." Das sollten wir ändern.

(Text und Bild: Jeannette Blank)

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