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Interview mit Fabian Büechi vom Labor Männlichkeit

Der Verein Labor Männlichkeit fördert geschlechtssensible Arbeit mit Jungen in verschiedenen offenen Settings in der Schweiz. Er ist Nachfolgeorganisation der IG Bubenarbeit Schweiz, welche während 25 Jahren die Fachtagung Bubenarbeit durchgeführt hat. Ein Interview mit Fabian Büechi, soziokultureller Animator und Teil des vierköpfigen Teams vom Labor Männlichkeit.

Fabian Büechi, wie definiert ihr Männlichkeit?

Wir haben bewusst keine Definition von Männlichkeit. Man könnte auch Männlichkeiten sagen im Plural, denn wir möchten alle ansprechen, die sich als Mann sehen – ganz egal, was genau das für jeden einzelnen von ihnen selber heisst. Wir wollen uns auch explizit mit der Frage des eigenen Männerbildes auseinandersetzen. Dies in "geschütztem Rahmen", also in geschlechtshomogenen Settings. Unser Ziel ist es, das Bild einer modernen Männerrolle vermitteln. Das heisst, sie ist nicht definitiv, eindeutig, sondern kann sich ständig wandeln.

Warum ist dies für Fachmänner, die mit Jungen arbeiten, wichtig?
Weil sie eine wichtige Vorbildfunktion haben. Insbesondere in der Bildungskarriere haben wir für Jungen weniger männliche Vorbildrollen als für Mädchen. In der Primarschule, meist auch in der Sekundarschule, ist die Mehrheit der Lehrkräfte weiblich. Dadurch werden auch eher weibliche konnotierte Eigenschaften – ohne jetzt Klischees zementieren zu wollen – gefördert, wie zum Beispiel ruhig stillsitzen. Viele Jungen haben aber einen höheren Bewegungsdrang als Mädchen, sie fallen deshalb schnell als Störenfriede auf. Die Schule wird dem nicht gerecht. Deshalb braucht es für Jungen andere Angebote als für Mädchen.

Inwiefern unterscheidet sich die gendersensible Arbeit für Mädchen von derjenigen für Jungen?
Durch den gesellschaftlichen Kontext stehen Jungen und Mädchen vor ganz anderen Herausforderungen. Nehmen wir zum Beispiel den Aufbau von Freundschaften und Beziehungen, da ist die Dynamik zwischen Mädchen und Jungen sehr unterschiedlich. Beim Thema Flirten etwa wird immer noch erwartet, dass der Mann oder der Junge den ersten Schritt macht. Das wirft bei Jungs viele Fragen auf: Wie spreche ich ein Mädchen an, das mir gefällt? Wie weit darf ich gehen? Warum findet ein Mädchen Machosprüche des einen Typen cool, aber nicht eines anderen?

Ein Thema, das gerade aktuell ist, ist die #MeToo-Debatte.
Dies war kürzlich bei einer unseren Veranstaltungen das Hauptthema: #MeToo. Wir haben dieses Thema bewusst gewählt, weil es stark in den Medien und der Öffentlichkeit präsent war, Männer sich in dieser Debatte aber nicht oder kaum geäussert haben. Deshalb haben wir das Thema anhand verschiedener Thesen diskutiert, wie etwa "Männer schweigen in der #MeToo?-Debatte, weil vor allem die Promis, Reichen und Mächtigen im Fokus stehen. Den "einfachen Mann" betrifft es nicht" oder "Männer schweigen in der #MeToo?-Debatte, weil alte Muster bedient und verfestigt werden: Mann = Täter, Frau = Opfer." Diese Gespräche waren sehr spannend und haben gezeigt, dass Diskussionsbedarf besteht. Am Schluss stand auch die Frage im Raum, ob wir diese Art von Gesprächen nicht auch zwischen Frau und Mann führten sollten. Dies war der Grund, weshalb ich an Sommerakademie einen Workshop zu diesem Thema durchgeführt habe – in einem geschlechtergemischten Setting.

Was ist mit Personen, die sich weder als klar männlich noch als klar weiblich sehen?
Eigentlich foutieren wir uns um die zweipolige Geschlechterordnung. Uns geht es um das Menschsein und die persönliche Entfaltung als Person. Deshalb streben wir auch kein bestimmtes Männerbild an – jede Person soll so sein können, wie sie sich fühlt. Man(n) muss nicht stark, beschützend, spendabel, souverän, etc. sein, sondern auch sensibel, führsorglich und weich und kann sich dabei als richtiger Mann fühlen. Sie müssen sich aber auch nicht zuordnen, sondern können sich manchmal männlicher, manchmal weiblicher fühlen. Das den Jungen möglichst früh auf den Weg mitzugeben, damit sie nicht in die klischierten Rollenbilder fallen, ist uns ein Anliegen.

Zu MANU:
MANU ist eine Weiterbildungstagung für Fachmänner, die beim Aufbau von gelingenden Beziehungen zu Jungs gestärkt werden wollen. Im Zentrum steht das Entwickeln von eigenen Projekten und die Vernetzung. MANU geht von den persönlichen Ressourcen der teilnehmenden Männer aus.
www.labormaennlichkeit.ch

(Interview: Eva Hirschi, Bilder: Raphael Hünerfauth)

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