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Willkommen zur 12. Sommerakademie von infoklick.ch

"Kennt ihr jemanden, der arm ist?", fragt Moderator Daniel Oppliger die Teilnehmenden der Sommerakademie, die sich an diesem Montagnachmittag im Landhaus in Solothurn eingefunden haben. Um dieses Thema geht es an der diesjährigen Sommerakademie von infoklick.ch: "Ungleich-Heimat. Wie Armut Lebensentwürfe prägt". Doch was ist Armut? Und wer ist in der reichen Schweiz überhaupt davon betroffen?

Markus Gander, Geschäftsführer von infoklick.ch, zeigt mit Zahlen, dass dieses Thema durchaus auch Jugendliche angeht: in der Schweiz sind von den unter-18-Jährigen über 140'000 Menschen von Armut betroffen, 80% davon bereits in der 3. Generation. Sprich: Sie haben nie eine andere Situation gekannt, es wurde ihnen quasi vererbt. Andreas Tschöpe, Geschäftsleiter von SAJV, begrüsst es, dass die soziale Sicherheit in den Mittelpunkt der Sommerakademie gerückt ist. Diese nächsten Tage hier in Solothurn sollen den Austausch und die Vernetzung fördern, um diesem Thema auch in den Jugendorganisationen angemessen begegnen zu können.

Mit dem Themen sozialer Frieden und Armut kam auch Daniel Roth in Kontakt. Als Präsident der SP Kanton Luzern war er im Oktober 2017 an der Lancierung einer Initiative gegen den Abbau bei der Prämienverbilligung beteiligt und kam dadurch mit vielen Betroffenen in Kontakt. Doch ab wann ist man arm? Für Roth ist eine Person von Armut betroffen, wenn sie sich in ihrer existentiellen Sicherheit bedroht fühlt. Dies sei objektiv nicht messbar, sondern ein individuelles Empfinden. Er erzählt von seinen persönlichen Begegnungen: Da war etwa der Vater, der die bescheidenen Familienferien in der Schweiz streichen musste und stattdessen mit den Kindern und der Frau zu den Grosseltern nach Hause fuhr, um in den Sommerferien immerhin einen Tapetenwechsel im Kleinen zu erleben. Oder die Frau, die ihm nach mehreren Nachrichten verkündete, sie habe nun eine Lösung gefunden, um die Prämien zu bezahlen: Sie habe ihr Musikinstrument verkauft. "Auch das ist Armut. Man begegnet ihr nicht erst auf der Strasse. Eine Person, die ihr Instrument verkaufen muss, das sie in der Freizeit gerne spielt, befindet sich plötzlich am Anfang der Spirale des sozialen Abstiegs", sagt David Roth.

Was ihn während der Kampagne auch überrascht hat: Wie viele Menschen sich schämen, etwas zu beanspruchen, auf das sie legitimen Anspruch haben. Sei es Prämienverbilligung oder Sozialhilfe. Kaum jemand würde öffentlich vor den Medien aussagen, persönlich von Armut betroffen zu sein. Oft führten sie Ausreden vor – etwa, dass sie Angst hätten, dass ihr Kind deshalb in der Schule gehänselt werden könnte. Doch häufig sei es auch die persönliche Scham, die Befürchtung, vom eigenen Umfeld abgestempelt zu werden. "Wer erzählt schon von seinen Ängsten? Viele denken, sie seien mit diesem Problem allein, fühlen sich ohnmächtig", sagt Roth. Deshalb findet er es wichtig, diese Menschen zu repolitisieren, ihnen Mut zu machen, damit sie für ihre Rechte einstehen.


Das Thema scheint nicht nur zu berühren, auch regt es zu Debatten an – zahlreiche Wortmeldungen, Fragen und Anmerkungen gibt es aus dem Publikum. Wie weit ist die Einzelperson selber verantwortlich (selber schuld?), wo beginnt die Verantwortung des Staats? Eine spannende Diskussion über die Material- und die Sinnfrage der Arbeit entsteht. Dies ist nur der Auftakt, die nächsten Tage der Sommerakademie versprechen spannend zu werden und werden es hoffentlich ermöglichen, das Thema tiefer zu beleuchten und Antworten auf die einen oder anderen Fragen zu finden.

(Text Eva Hirschi, Bilder Raphael Hünerfauth)

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